Habe gerade einen sehr niedlichen Auftrag von einem Büro, das ich mal nicht nenne, bekommen: „Hiermit bestellen wir: § Absolut einwandfreie Übersetzung Deutsch-Russisch.“
Wenn das bloß in jeder Bestellung stünde, wäre einwandfreie Qualität garantiert, nicht wahr?:)
Möglich wäre auch „ideale Übersetzung“, „perfekte Übersetzung“, „tadellose Übersetzung“, „makellose Übersetzung“, oder auch einfach nur „sehr gute“ bzw. „die beste Übersetzung“… Ich mag Synonyme, aber jetzt höre ich damit mal auf. Ich habe den Auftrag in dieser Form unterschrieben, und die Übersetzung wurde auch nicht beanstandet: Darf ich also davon ausgehen, der Text war wirklich einwandfrei? Aber wenn ein anderer Kunde doch Einwände hätte? Ich gehe auf Kundenkritik immer gerne ein; in einigen Fällen heißt „auf Kritik eingehen“ aber auch: dem Kunden erklären, warum die Übersetzung lieber so bleiben sollte, warum die Wortwahl für diesen Kontext gut ist, warum der übersetzte Werbetext mit diesem Slogan besser ankommt, usw.
„Fehlerfreie Übersetzung“ habe ich übrigens auch schon in Aufträgen gesehen. Nun gut, was ist aber, wenn im Original Fehler sind? Das erlebe ich sehr oft, und ich korrigiere diese gerne mit: Falls es sich um sprachliche Fehler handelt, ohne Extrakosten; bei Sachfehlern meistens auch (wenn es sehr viele sind, frage ich nach, ob ich kostenpflichtige Recherche bzw. Fact-Checking vornehmen sollte). Kein Übersetzer, den ich kenne, schreibt aber in seinen Vertrag „gilt nur bei fehlerfreiem Original“.
Wenn ich mal selbst einen Auftrag vergebe (oft bitte ich KollegInnen um Lektorat, da ich gerne nach dem 4-Augen-Prinzip arbeite), schreibe ich nicht „einwandfreies Lektorat“, „ideales Lektorat“ oder „perfektes Lektorat“. Ich schreibe einfach nur „Lektorat“. Denn für gute Übersetzer und Lektoren heißt „Übersetzung“ bzw. „Lektorat“ per definitionem „gute Übersetzung“ bzw. „gutes Lektorat“.