Simultandolmetschen und komplexe Sätze

Einen Fachbegriff muss ich mal kurz erklären: Simultandolmetschen. „Simultan“ heißt hier tatsächlich „gleichzeitig“ – es werden keine Pausen gemacht, man muss also dolmetschen und zur gleichen Zeit weiterhin zuhören. Am schönsten ist es bei langen Sätzen mit nachgestelltem Verb: „Wir meinen, dass wir nächstes Jahr, ja, eventuell schon Ende dieses Jahres, wenn denn alles gut läuft, mithilfe unserer Partner sowie unserer verehrten Anleger…“

Ja was denn? Die Welt erobern? Ein neues Bordell in Düsseldorf eröffnen? Zum Mars fliegen?

Im Englischen muss man schneller zur Sache kommen. Also bereitet man sich gut vor, versetzt sich in den Sprecher hinein und versucht, das Ende des Satzes zu erraten. Oder man erstellt komplexe Konstruktionen, mit denen sich die deutsche Grammatik im Englischen simulieren lässt. Oder man wartet den gesamten Satz ab und spricht die Übersetzung möglichst schnell (aber deutlich!) aus. Das alles, ohne je das Zuhören zu unterbrechen.

Kein Wunder, dass sich dadurch das Gehirn verändert. Simultandolmetscher haben so gut wie nie Alzheimer.

Zugegeben, das liegt unter anderem daran, dass sie gelegentlich Mitte fünfzig beim Dolmetschen an Herzinfarkt sterben.

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